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Hier können Sie online das komplette Buch „Rapunzel“ ISBN-13: 978-1523878703 vollständig und kostenlos lesen.

Ein Märchen frei nach den Gebrüdern Grimm

Rapunzel

 

Es war einmal...,

so beginnen alle großartigen Märchen aus alter Zeit und so verhält es sich auch mit der magischen Geschichte von Rapunzel.

In einem kleinen Haus lebte ein zufriedenes Ehepaar. Allein, es fehlte ihnen zu ihrem vollkommenen Glück ein eigenes Kind. Lange blieb der Wunsch unerfüllt, doch schließlich war die Frau voller Hoffnung und sie sollte Recht behalten. Die Schwangerschaft verlief problemlos, doch wurde die Frau von Heißhungerattacken geplagt. Das Paar war nicht reich und so konnte ihr Mann keine frischen Lebensmittel auf dem Markt kaufen. Als die Frau hungrig aus ihrem  Fenster schaute, fiel ihr Blick in den Garten der Nachbarin. Von einer hohen Mauer umschlossen, konnte sonst niemand hineinsehen. Die Nachbarin war eine mächtige Zauberin und wie durch Magie wuchsen in ihrem Garten die wunderschönsten Blumen und prächtigstes Gemüse. Als die werdende Mutter die sattgrünen Rapunzeln erblickte, war es um sie geschehen. All ihre Gedanken rankten sich von nun an nur noch um die saftigen Blätter und da sie sie nicht haben konnte, ging es ihr mit jedem Tag schlechter. Ihr Mann war sehr besorgt und so fragt er täglich, was ihr fehlte. Als es seiner geliebten Frau immer schlechter ging, sie blass und kraftlos wurde und schließlich sogar vom Sterben sprach, erschrak ihr Mann zutiefst. Schließlich willigte er verängstigt ein, in den Garten der Zauberin einzudringen und die Rapunzeln zu pflücken. Von der Abenddämmerung geschützt, kletterte er über die Mauer und erntete ein kleines Bund Rapunzeln. Wieder Zuhause angekommen, raste sein Herz noch immer vor Angst. Seine Frau bemerkte dies kaum und bereitete so schnell wie möglich ihren Rapunzelsalat zu. Der Geschmack war noch besser als sie ihn sich vorgestellt hatte und so bat sie ihren Mann am nächsten Abend erneut, in den Garten zu steigen. Da er sich nicht anders zu helfen wusste, tat er, worum er gebeten wurde. Doch als er gerade von der Mauer sprang, sah er die erzürnte Zauberin vor sich.

"Du wagst es, in meinen Garten zu steigen", schrie ihn die Zauberin an. Zitternd und bibbernd bat er um Entschuldigung und erzählte ihr von seiner großen Not. Da schien die Zauberin sich zu beruhigen und erklärte dem immer noch zutiefst verängstigten Mann, dass er unter einer Bedingung so viele Rapunzeln für seine Frau pflücken könnte wie er wollte. Doch die                 erwachende Hoffnung des Mannes hielt nicht lange, denn er sah die in ihren Augen blitzende Heimtücke. Sogleich nannte die Zauberin ihre Bedingung.

 "Du gibst mir dein neugeborenes Kind!" Dem Mann stockte der Atem. Alles, nur nicht das, dachte er. Doch die Zauberin fuhr fort. " Ich werde seine Mutter sein und mich stets mit Liebe um dein Kind kümmern."

Trotz seines Schmerzes stimmte der Mann zu. Und so kam es. Noch im Wochenbett trat die Zauberin in das kleine Haus des Paares ein und nahm ihre Tochter mit. "Rapunzel sollst du von nun an heißen, mein hübsches Mädchen", sagte die Zauberin. Sie verschwand mit dem Kind und die Eltern sahen sie nie wieder.

Rapunzel wuchs bei der Zauberin auf bis sie 12 Jahre alt wurde. Dann veränderte sich ihr Leben vollständig. Tief im Wald hatte die Zauberin einen mindestens 10 Meter hohen Turm ohne Türen, Treppe und mit nur einem einzigen kleinen Fenster im obersten Geschoss gefunden. Hier sollte Rapunzel von nun an leben.

Wenn die Zauberin sie besuchte, ließ Rapunzel ihr langes, zu Zöpfen geflochtenes Haar herunter, an dem ihre Adoptivmutter hinaufkletterte. Viele Jahre lebte Rapunzel allein in dem Turm und vernahm regelmäßig die Stimme der Zauberin. "Rapunzel, Rapunzel, lasse mir deine goldenen Haare herunter", rief sie.

Rapunzel hatte nicht viel Gesellschaft von der Zauberin und so vertrieb sie sich die Zeit mit Singen. Ihre Stimme war so weich und vollkommen wie keine zweite. Wann immer sie den vertrauten Ruf "Rapunzel, Rapunzel, lasse mir deine goldenen Haare herunter" vernahm, eilte sie sich, um ihre Haare zu öffnen und den Turm hinabzulassen.

Doch eines Tages kletterte nicht die Zauberin, sondern ein schöner, junger Mann, ein echter Prinz, zu ihr hinauf in den Turm. Er hatte die Zauberin zuvor beobachtet und konnte nicht anders, als die Frau mit der lieblichen Stimme einmal selbst zu sehen. Obwohl Rapunzel zu Beginn unglaubliche Angst vor dem Fremden hatte, sprach sie mit ihm und verliebte sich sogleich in seine ruhige Stimme und sein charmantes Auftreten. Und auch der Königssohn verliebte sich sofort in die schöne Rapunzel. Sie beschlossen, zu heiraten und gemeinsam aus dem Turm zu fliehen.

Von nun an kam der Prinz regelmäßig zu Rapunzel hinaufgestiegen und brachte jedes Mal ein Seil mit hinauf, mit dem sie beide eines Tages den Turm hinabsteigen könnten.

Doch kam alles anders. Die Zauberin bemerkte Rapunzels heimlichen Besucher und wurde rasend vor Wut. Sie schnitt ihre langen Zöpfe ab und brachte sie fort in eine tiefe Wüste. In vollständiger Einsamkeit sollte Rapunzel dort unter den schlechtesten Bedingungen leben, die man sich vorstellen kann. Von Hunger und Durst geplagt war sie in der brennenden Hitze dem Tode ausgeliefert. Doch Rapunzel schaffte es und fand eine verlassene Oase. Es gab nicht viel, aber es reichte zum Leben. Die Bäume spendeten ihr Schatten und durch das Wasser konnte sie sogar einen kleinen, wunderschönen Garten anlegen, in dem sie ihr Gemüse zog. Allein die Einsamkeit blieb und das Wissen, dass sie ihren geliebten Prinzen wohl nie wieder sehen würde. Und sie sollte Recht behalten. Sie hatte große Angst um ihren Prinzen, und befürchtete das Schlimmste.

Der Prinz, der nicht ahnen konnte, dass die Zauberin ihn längst entdeckt hatte, kam an demselben Abend, an dem die Zauberin Rapunzel in die Wüste verstoßen hatte, zum Turm und rief. "Rapunzel, Liebe meines Lebens, lasse deine Haare hinab." Und die Haare fielen hinab, so wie all die Male zuvor. Die Zauberin band Rapunzels abgeschnittene Zöpfe ans Fenster und ließ den ahnungslosen Prinzen zu ihr hinauf steigen. Als er die Zauberin und ihren bösartigen Blick sah, erzitterte er und fiel vom Turm hinab in die Tiefe. Er lebte, aber die Dornen der schönen Rosen zerstachen ihm die Augen. "Du wirst Rapunzel nie wieder sehen", rief ihm die Zauberin nach.

Und auch sie sollte Recht behalten. Der Prinz irrte in großen Schmerzen durch den Wald. Zuerst schmerzten seine Augen so sehr, dass er dachte, niemals größere Qualen erlebt zu haben. Er täuschte sich, denn die Schmerzen in den Augen verringerten sich mit der Zeit und vergingen schließlich gänzlich. Die Qualen in seinem Herzen hingegen blieben bestehen und, um ganz ehrlich zu sein, verstärkten sie sich sogar jeden Tag. Der Prinz irrte in den Wäldern umher, gepeinigt von Hunger, Kälte, Schmerzen und der tiefsitzenden Schmach. Er konnte nicht zurück ins Schloss seines Vaters und er konnte Rapunzel nicht finden.

Beide blieben für den Rest ihres Lebens allein in der Wildnis. Rapunzel in der Wüste und der Prinz im tiefen Wald. Die Zauberin indessen tobte vor Wut und entschied sich von nun an, nicht mehr so nachsichtig mit den Menschen zu sein. Der nächste Mensch, der wie Rapunzels Vater sie erzürnte, würde nicht mehr mit dem Leben davon kommen. Kein Erwachsener noch Kind konnte fortan ihr Herz berühren, welches durch Rapunzels Verrat für immer gebrochen war. In ihrem Schmerz ließ sie ihren Zauberkräften freien Lauf. Unwetter, Dürren und Hungersnöte sollten alle Menschen treffen, denn sie ertrug das Lachen der Kinder auf den Straßen nicht mehr. Sie ertrug es nicht, irgendjemanden glücklich zu sehen und so sollten alle Menschen des Landes mit ihr leiden.

 Ab und an sah sie heimlich nach Rapunzel. Als sie bemerkte, dass diese eine Oase gefunden hatte und sogar schwanger war, fasste sie einen Plan. Sie würde gleich nach der Geburt Rapunzels Kinder nehmen und diese von Anfang an in einen dreimal so hohen Turm im allertiefsten Wald einschließen. Und so begann die Geschichte erneut.

 

„Rapunzel“ Autor: Inka / Pseudonym  - Copyright © 2016 by Denis Geier - Das Werk, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne Zustimmung  unzulässig. Zuwiderhandlungen werden strafrechtlich verfolgt.

 

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