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Hier können Sie online das komplette Buch „Grabdulix und Stachimix“ ISBN-13: 978-1522827429 vollständig und kostenlos lesen.

Grabdulix und Stachimix sind nicht nur ein kleiner Maulwurf und ein kleiner Igel – nein, sie sind auch zwei selbst ernannte Wortdetektive. Täglich gehen sie deshalb zur großen alten Eiche, die majestätisch in der Mitte der Wiese steht, und beobachten und belauschen von dort aus die Menschen. Merkwürdige Worte hören sie manchmal dort, Worte, deren Bedeutung sie nicht kennen. Aber gemeinsam versuchen sie, das zu ändern.

Grabdulix und Stachimix

Der erste Sonnenstrahl tanzt nach zwei verregneten Tagen behutsam über die von Morgentau bedeckte Wiese im Stadtpark. Kein Mensch ist um diese Zeit zu sehen. Nicht einmal der Gesang der sonst so lustig zwitschernden Vögel ist zu hören. Nur absolute Stille. Alles scheint noch zu schlafen und der Park wirkt wie verzaubert. Doch unter der Wiese sieht es völlig anders aus. Dort sind die emsigen Bewohner schon fleißig. Regenwürmer durchwühlen            unermüdlich den Boden und lockern ihn gleichzeitig auf. Kleine Spitzmäuse rennen in ihrem Bau hin und her und bereiten sich freudig auf ihren Mäuseschultag vor und die Waldameisensoldaten marschieren entschlossen über die große nasse Wiese in Richtung Wald. Doch das ist noch nicht alles. Auch die dunkle Erdhummel Elisabeth verlässt jetzt ihr Nest, das grandiose eineinhalb Meter unter der Erde liegt, um für ihre Brut Nahrung zu suchen, genauso wie ein riesiges Herr verschiedener anderer Insekten und Wiesenbewohner. Deshalb dauert es überhaupt nicht lange, bis aus dem großen idyllischen Park ein hektischer, unruhiger Ort wird. Alle schwirren herum und alle haben wichtige Aufgaben zu erledigen – alle, bis auf einen: Grabdulix. Der kleine Maulwurf zählt heute nämlich nicht zu den fleißigen Bewohnern der Parkwiese. Denn Grabdulix hat sich heute einen Tag freigenommen. Er möchte nämlich nix graben und auch nix buddeln, sondern lieber die warmen Strahlen der Sonne mit seinem Freund Stachimix, das ist ein kleiner Igel, genießen. Doch seit wann haben Tiere Urlaub? So etwas gibt es doch überhaupt nicht! Oder doch? Dazu muss man wissen, dass Grabdulix etwas ganz Besonderes kann, etwas, das ihn von seinen Artgenossen unterscheidet. Doch was könnte das sein?

Kann Grabdulix wunderschön singen?

Oder kann er wunderbar tanzen?

Oder kann er besser sehen als alle anderen Maulwürfe oder ist Grabdulix mächtig reich oder … oder – NEIN.

Grabdulix kann das alles nicht, er ist nur ein einfacher Maulwurf.

„Hihi.“ Natürlich nicht. – Grabdulix versteht nämlich einige Worte der Menschen, also, keine ganzen Sätze oder Gespräche, aber das eine oder andere Wort schon. Durch  intensive Beobachtung hat er gemeinsam mit seinem Freund schon viele schwere, aber auch merkwürdige Wörter geknackt beziehungsweise enträtselt. Ja, jedes Wort der Menschen hat eine eigene Bedeutung und Grabdulix findet es total spannend, sie herauszufinden, genau wie sein Freund Stachimix. Dem muss zwar der kleine Maulwurf alles auf Igel-Latein übersetzen, aber dennoch hat auch Stachimix riesigen Spaß an der Findung der Wortbedeutungen.

Dazu schleichen sich die beiden täglich zur großen alten Eiche, die majestätisch in der Mitte der Wiese steht. Von dort aus können sie die Menschen gefahrlos beobachten und einzelne Worte analysieren. Du weißt nicht, was Analysieren ist? Hihi, Grabdulix wusste das bis vor Kurzem auch nicht. Also Analysieren ist, wenn man etwas genau untersucht und auswertet oder, im Fall  unserer zwei Helden, genau beobachtet, was mit dem Menschenwort gemeint sein könnte. So enträtselten die beiden Wortdetektive bereits die Bedeutung von „spielen“, „laufen“, „vorlesen“ und „Urlaub“ und darauf sind sie natürlich besonders stolz. Anschließend probieren sie die meisten Bedeutungen der Menschenworte selber aus, also spielen, laufen und vorlesen, beziehungsweise ahmen sie nach, denn Maulwürfe und Igel können natürlich gar nicht in Wirklichkeit lesen. Aber egal, heute ist eben Urlaub dran und das können die beiden schon sehr gut. So einen Tag, an dem man nicht arbeiten muss und machen kann, was immer man möchte, finden die zwei   super. Und darum verbringen sie einen faulen, aber auch wunderschönen Vormittag auf der Wiese, bis sich auf einmal doch etwas Langeweile einschleicht und sie               deshalb wieder zur alten Eiche zurückkehren. Von dort können sie jetzt eine kleine Familie beobachten, eine Familie, die sie vorher noch nie gesehen haben. Die Kinder spielen Fußball und der Mann flüstert seiner Frau heimlich etwas zu. Grabdulix wird neugierig, als er das sieht, denn er vermutet ein Geheimnis. „Über was reden die zwei Menschen da gerade?“, denkt Grabdulix und schleicht sich an das Paar heran. Er kann gerade noch das Menschenwort „Überraschung“ vernehmen, bevor er vom Mann entdeckt wird und fliehen muss.

„Überraschung, hat der Mann gesagt“, berichtet Grabdulix Stachimix kurze Zeit später. „Aber: Was ist eine Überraschung?“

Beide sehen sich fragend an und beobachten die neue Menschenfamilie ganz genau, aber die macht nichts Besonderes. Sie verhält sich ebenso wie die anderen Familien, die die beiden in den letzten Tagen beobachtet haben.

Also: Was ist nun eine „Überraschung“?

Weißt du es?

Dann erkläre doch Grabdulix und Stachimix mit deinen eigenen Worten, was eine Überraschung ist.

Eine Überraschung ist …

Ob die beiden das verstanden haben? Zur Sicherheit laufen sie jetzt noch zu Herrn  Uhu, der in einem uralten hohlen Baum lebt, und fragen ihn, ob er weiß, was eine Überraschung ist. „Herr Uhu, Herr Uhu, wir haben eine Frage!“, schreien die beiden lauthals, als sie den alten Baum der Eule erreichen.

Der Uhu erschrickt natürlich bei solch einem Lärm und fällt dabei fast aus seinem Baumloch. Völlig verschlafen sieht er die beiden jetzt an und sagt kaum hörbar: „Oh-hu, schuhu, was ist los? Warum weckt ihr mich? Ich habe gerade so schön geträumt.“ Der Vogel reckt und streckt sich, klimpert mit seinen verschlafenen Augen und sieht erwartungsvoll den kleinen Maulwurf und den kleinen Igel an.

Noch völlig außer Atem versucht Grabdulix, mit ein paar Wortbrocken dem Uhu                    verständlich zu machen, was sie von ihm wollen: „Menschen, da auf Wiese, Wort, fremd, was ist … Buh! Bin außer Atem.“

„Schuhuuuu, beruhige dich doch erst einmal“, sagt der Uhu bedächtig und schließt seine Augen. Etwas später öffnet er sie wieder und fragt die beiden erneut: „Schuhu, was habt ihr denn für eine so wichtige Frage, dass ihr mich dafür aus meinem Schlaf reißen müsst?“

Beschämt und kleinlaut redet jetzt Stachimix mit der Eule: „Also, wir waren wieder auf Wiese, wo die Menschen sind.“

Als der Uhu das hört, verdreht er seine Augen, denn er ahnt, dass die beiden wieder etwas gehört haben, dass sie nicht verstehen. Leicht genervt unterbricht er die Erklärung des kleinen Igels: „Ach, deswegen weckt ihr mich, welch eine Überraschung!“

Als die beiden das Wort „Überraschung“ vernehmen, bekommen sie große Augen. „Das ist genau das, was wir fragen wollten“, schreit Grabdulix. Und wieder erschrickt sich die Eule fürchterlich, nur dass sie diesmal das Gleichgewicht nicht halten kann und wie ein Stein zu Boden fällt. Mit einem lauten „Plumps“ knallt sie auf den Waldboden, direkt neben Grabdulix und Stachimix. Die beiden sind davon völlig überrascht, helfen der Eule aber sofort wieder auf.

Sie stöhnt und fasst sich an den Kopf. „Uijuijui! Das tat aber weh“, jammert sie voller Schmerzen. „Also, stellt mir doch endlich eure Frage, bevor mir noch etwas Schlimmeres passiert. Uijuijui-schuhuuuu.“

„Überraschung!“, schreit Stachimix unüberhörbar. „Was ist eine Überraschung?“

Der Uhu überlegt, mit leichten Kopfschmerzen, wie er das den beiden am besten beschreiben soll. „Eine Überraschung ist, schuhuu, wenn man jemandem etwas schenkt, mit dem er nicht gerechnet hat, schuhuu.“

Grabdulix und Stachimix schauen sich verwirrt an. Dann scheinen sie zu verstehen und rennen lachend los. Grabdulix schreit: „Überraschung ist also eine Art geheimes Geschenk!“

Stachimix bleibt auf einmal stehen und schaut zu Herrn Uhu zurück. Dann fragt er ihn skeptisch: „Sie haben aber vorhin auch gesagt: „Welch eine Überraschung“. Aber wir haben Ihnen doch gar nichts mitgebracht!“

Jetzt beginnt auch Grabdulix über den Einwand seines Freundes nachzudenken und bemerkt: „Da hat Stachimix aber recht! Wir haben Ihnen doch gar nichts mitgebracht.“

Der Uhu holt tief Luft und schaut die beiden zweifelnd an, so als hätte er den Stein der Weisen verschluckt. Grabdulix und Stachimix holen ebenfalls tief Luft, verkneifen sich aber weitere Kommentare, denn das hätte unweigerlich zur Folge, dass der Uhu ihre Frage nicht beantworten würde. Man sieht dem Vogel nämlich schon an, dass er nicht gerade erfreut über die nervigen Nachfragen der Wortdetektive ist. Dennoch versucht der Uhu noch einmal, den beiden die Bedeutung des Wortes Überraschung zu erklären. „Schuhuu, eine Überraschung muss kein Gegenstand sein, der einem geschenkt wird. Eine Überraschung kann auch eine Handlung sein, schuhu, zum Beispiel, wenn ihr anderen helft, ohne dass sie euch darum gebeten haben. Das wäre eine Überraschung! Oder jemandem Arbeit abnehmt oder jemanden unerwartet besucht oder oder.“ Bei dieser Aufzählung gerät die Eule geradezu in einen Redewahn. Ununterbrochen nennt sie jetzt Beispiele, so lange, bis der Groschen bei den beiden Wortforschern gefallen ist.

„Ich glaube, wir haben verstanden, was das Wort Überraschung bedeutet“, redet Grabdulix dazwischen. „Eine Überraschung ist ein unvorhergesehenes und somit unerwartetes Ereignis, etwas, mit dem der Beschenkte nicht gerechnet hat.“

Diese Aussage wird von dem alten Uhu durch ein zustimmendes Nicken bestätigt. Grabdulix und Stachimix freuen sich nun riesig darüber, dass sie verstanden haben, was eine Überraschung ist. Freundlich bedanken sie sich beim alten Uhu für seine Hilfe und gehen gut gelaunt nach Hause. Dort angekommen hat Grabdulix eine Idee.

„Weißt du was, Stachimix? Der alte Uhu hat uns schon so oft geholfen und wir haben uns eigentlich noch nie bei ihm dafür so richtig bedankt.“

Stachimix lächelt würdigend.

„Was hälst du davon, wenn wir den alten Uhu einfach mal aus Dankbarkeit                              überraschen?“

„Das ist eine gute Idee und ich weiß auch schon, mit was wir ihn überraschen                     können,“ sagt Stachimix freudestrahlend und umklammert auf der Stelle fest                    Grabdulixʼ Hand. Dann zieht und zerrt er ihn unerbittlich in die Küche.

„Weißt du, mit was der Uhu überhaupt nicht rechnen würde?“, fragt er weiter.

Grabdulix schüttelt fragend den Kopf.

„Er würde nicht damit rechnen, dass ihm jemand einfach so einen leckeren Kuchen backt.“

Von dieser Idee ist auch Grabdulix sofort begeistert und so legen sie auch gleich los. Sie backen einen leckeren Kuchen für Herrn Uhu und das ist noch nicht alles. Die beiden organisieren sogar noch eine Überraschungsparty und laden dazu alle Freunde von Herrn Uhu ein.

Was für ein Spaß!

Und weil das so toll ist und die beiden Freunde selbst auch Freude an der                        Überraschung haben, entscheiden sie sich dafür, eine ganze Woche lang andere Wiesenbewohner zu überraschen. So tape-zieren sie das Nest der Erdhummel Elisabeth neu und streichen den Gartenzaun ihres Onkels. Grabdulix mauert sogar eine neue Wand im Ameisenbau und Stachimix hilft ihm dabei. So vergeht die Woche wie im Flug und alle Freunde und Bekannten werden irgendwie überrascht. Ist das nicht toll?

 „Grabdulix und Stachimix“ Autor: Denis Geier - Copyright © 2016 by Denis Geier - Das Werk, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne Zustimmung  unzulässig. Zuwiderhandlungen werden strafrechtlich verfolgt.

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